Wozu Dienen Emotionen?

Wir haben gesehen, dass die Emotion eine komplexe Reaktion zur Anpassung an die Zwänge und Veränderungen unserer Umwelt ist. Die Emotion erfüllt dabei 3 wichtige Funktionen.

1. Emotionen helfen, zu kommunizieren und andere zu beeinflussen

Manchmal ist die Hauptfunktion einer Emotion, eine Nachricht zu senden und die anderen zu beeinflussen. Ob wir wollen oder nicht, unsere Emotionen schicken Signale an unsere Umwelt, die direkt Einfluss nehmen auf den emotionalen Zustand des anderen.

Die Gesichtsausdrücke, unsere Bewegungen und unsere Haltung sind direkt mit den Emotionen verbunden. In der menschlichen Gesellschaft sowie in der Tierwelt sind die nonverbalen Ausdrücke ein oft weitaus stärkeres und schnelleres Kommunikationsmittel als Worte. Ein Gesicht, das Wut ausdrückt, mit einem zusammengepressten Kiefer, sichtbaren Zähnen und einem bösen Blick zeigt eindeutig, dass eine Grenze erreicht wurde und dass hier Schluss ist. Ein anderes Beispiel: Eine gebeugte Haltung, ein trauriges Gesicht und Tränen verleiten dazu zu trösten.

Je mehr eine Emotion der Kommunikation dient, umso schwieriger ist es, sie ausklingen zu lassen, so lange man nicht gehört wird. Das bereitet Probleme, wenn der andere nicht bereit, nicht in der Lage oder nicht verfügbar ist, um die Nachricht zu empfangen, die über die Emotion gesendet wird.

2. Emotionen organisieren und motivieren Handlungen

Unsere Emotionen motivieren unser Verhalten und bereiten uns auf Handlungen vor. Unsere Reaktionen sind oft an spezifische Emotionen geknüpft. So bereitet Angst auf eine Flucht vor, Wut auf einen Angriff, Freude auf die Suche nach jemandem, mit dem wir unser Glück teilen können…

Die Emotionen ermöglichen es uns auch, schneller in wichtigen Situationen zu reagieren. Durch sie können wir reagieren, bevor wir die Zeit genommen haben, die Situation bis ins kleinste Detail analysiert zu haben. Zum Beispiel: Ihr Kind ist im Begriff die Straße zu überqueren, ohne zu schauen und ein Auto kommt angerast. Ihre Angst drängt Sie dazu, unmittelbar nach vorne zu stürzen und Ihr Kind am Überqueren der Straße zu hindern. Wenn Sie bewusst über die Situation nachgedacht und sich gesagt hätten, „mein Kind ist im Begriff die Straße zu überqueren, ohne zu schauen, und von rechts kommt ein Auto mit rund 60 km/h. Wenn ich nichts mache, ist es sehr wahrscheinlich, dass mein Kind überfahren wird...“, dann wäre das Schlimmste wohl schon eingetreten, bevor Sie sich überhaupt einen Schritt bewegt hätten.

Je stärker die Emotion, umso schwieriger ist es, nicht zu handeln. Manchmal lassen wir eine Emotion auch ganz bewusst stärker werden, um uns zum Handeln zu zwingen. Manche geben sich beispielsweise Ihrer Wut hin, bis sie so weit angestiegen ist, dass sie die Angst zu handeln oder zu sagen, was man denkt, verschwinden lässt. Andere warten den letzten Moment ab, um eine Arbeit anzupacken, sodass der Stress sie dazu drängt, die Aufgabe zu erledigen...

Andererseits kann dieser Impuls zu handeln auch die Grundlage impulsiven Verhaltens sein, das man im Nachhinein vielleicht bereut: Jeder kennt den Ausdruck „zuerst denken, dann handeln“. Das Handeln aufgrund eines starken Impulses kann Sie dazu bringen, Ihre Grenzen zu überschreiten, was manchmal nur schwer wieder gutzumachen ist.

3. Emotionen geben wichtige Informationen über die aktuellen Bedürfnisse

Ihre emotionalen Reaktionen gegenüber anderen und gegenüber Ereignissen geben Ihnen Informationen zu den Situationen, die Sie leben. In dieser Hinsicht können Emotionen als Warnsignale betrachtet werden, die zeigen, dass etwas Bedeutendes passiert.

Jemand sehr Aktives verspürt Traurigkeit, sobald er nicht aktiv ist. Wenn er auf diese Traurigkeit hört und versucht zu verstehen, was sie bedeutet, dann kann er sich bewusst machen, dass sie einen Mangel auf der Gefühlsebene bedeuten: All seine Aktivitäten haben ihn von seinen Freunden entfernt und ihm die intimen Momente genommen, die er auf seiner Gefühlsebene benötigt. Ein anderes Beispiel: Jemand verspürt Wut in einer Beziehung: Dies bedeutet vielleicht, dass er sich nicht respektiert fühlt, dass die Beziehung nicht ausgeglichen ist oder Ungerechtigkeit herrscht.

Werden die Emotionen bis aufs Äußerste getrieben, können die dazugehörigen Gedanken und Empfindungen als Tatsachen angesehen werden. „Wenn ich mich inkompetent fühle, dann bin ich es auch“, „wenn ich das Gefühl habe, dass etwas gerecht ist, dann ist es auch gerecht“, „ich liebe ihn, also ist er perfekt“. Jemand, der beispielsweise notorische Angst hat, verlassen zu werden, kann große Angst verspüren, sobald der Partner ein ungewöhnliches Verhalten zeigt. Diese Furcht kann dazu führen, dass die Person denkt, dass ihr Partner sie nicht mehr liebt… und je größer die Angst, umso eher der Eindruck, dass dieser Gedanke Realität ist.